Positionen
Der Sparkassen-Finanzgruppe bezieht Position. In finanzpolitischen Diskussionen setzen wir uns für die Interessen der Kundinnen und Kunden der Sparkassen im Land ein. Die wirtschaftliche Entwicklung des Bundeslandes sind für uns sehr wichtig. Besondere Aufmerksamkeit legen wir dabei auf die Situation des Tourismus, der Windenergiebranche, der Bau- und Immobilienwirtschaft, des Handwerks und der Landwirtschaft.
Aufbruch. Chancen. Stabilität.
Anregung der Sparkassen-Finanzgruppe für gute politische Rahmenbedingungen
Wir stehen inmitten der großen Herausforderungen der 2020er-Jahre. Klimawandel, Digitalisierung und globalisierte Wirtschaftsordnung erfordern von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft große Anstrengungen und nicht zuletzt Mut und Gestaltungswillen. Die Sparkassen-Finanzgruppe versteht sich als aktiver Partner der Menschen und der Wirtschaft vor Ort und wird sich bei der Bewältigung der anstehenden Aufgaben angemessen einbringen. Dazu ist eine umfängliche Publikation mit den Positionen der Sparkassen, Landesbanken und Verbundunternehmen erschienen.
Um unseren gesellschaftlichen Beitrag leisten zu können, brauchen wir politische Rahmenbedingungen, die dies ermöglichen. Dazu bietet das aus Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken bestehende Drei-Säulen-Modell der deutschen Kreditwirtschaft eine äußerst bewährte Basis. Die Sparkassen-Finanzgruppe in Schleswig-Holstein mit ihren elf Sparkassen, Beteiligungen an der Provinzial, der DekaBank, der LBS Schleswig-Holstein-Hamburg, der Deutschen Leasing und weiteren wichtigen Verbundpartnern steht den Kundinnen und Kunden als verlässlicher Finanzpartner zur Seite. Das gilt seit vielen Jahrzehnten und hat sich während der Lockdowns und in der gesamten Zeit der Corona-Pandemie als Stabilitätsanker bewährt.
Unser großer Vorteil ist, dass wir unsere Kundinnen und Kunden lange und gut kennen – wir wissen wo der Schuh drückt und für welche Anforderungen wir Lösungen anbieten müssen. Dafür stehen die Beraterinnen und Berater der Sparkassen bereit.
Die umfassende Begleitung der Kundinnen und Kunden wurde in der Corona-Pandemie durch wichtige regulatorische Erleichterungen für die Kreditwirtschaft gesichert. Für die nachhaltige Stabilität und solide Ertragsmöglichkeiten der Sparkassen kommt es nun darauf an, dass die regulatorischen Schrauben im Zuge der wirtschaftlichen Erholung nicht überdreht werden. Dazu gehören die Anforderungen an Eigenkapital und Einlagensicherung ebenso wie Fragen des Verbraucherschutzes.
Die Sparkassen-Finanzgruppe möchte ihrem Auftrag nachkommen: Wir sind kundennah und vor Ort verwurzelt. Wir bieten der breiten Bevölkerung und der regionalen Wirtschaft passgenaue Finanzdienstleistungen an. Und nicht zuletzt fördern wir die Gesellschaft und das Ehrenamt. Ein solides und gleichsam innovatives Sparkassenwesen braucht dazu die nötigen Freiräume. Denn es gilt, die Transformationsprozesse durch Digitalisierung und Klimawandel auch in der Finanzbranche und Kreditwirtschaft meistern zu können.
Aus diesem Anspruch heraus beziehen wir Position. Wir möchten einen Beitrag zur sinnvollen Weiterentwicklung der finanzpolitischen Rahmenbedingungen in der neuen Legislaturperiode der Bundesregierung und mit Blick auf die schleswig-holsteinische Landtagswahl am 8. Mai 2022 leisten. Die Anregungen der Sparkassen-Finanzgruppe sind in der Broschüre „Aufbruch. Chancen. Stabilität“ knapp und prägnant zusammengefasst und stehen hier zum Download zur Verfügung.
Geldautomatensprengungen
Kriminalität gemeinsam bekämpfen, Bargeldversorgung sichern!
Juli 2023
Kriminelle Banden haben 2022 bundesweit 496 Geldautomaten angegriffen – fast zehn Attacken pro Woche. In Schleswig-Holstein sind die Fallzahlen deutlich geringer, jedoch haben sie auch hier im vergangenen Jahr zugenommen. Die Sparkassen-Finanzgruppe bietet das dichteste Automatennetz im Land und investiert in dessen Sicherung. Dadurch ist die Zahl der Sprengangriffe in 2023 leicht rückläufig. Gegen grenzüberschreitend koordinierte Gewalt des organisierten Verbrechens ist jedoch vor allem das Engagement des Staates und seiner Sicherheitskräfte gefordert.
Digitaler Euro
Ein digitaler Euro muss Menschen und Unternehmen in Europa einen Mehrwert bieten
Juni 2023
Die EU-Kommission und die EZB arbeiten an einem digitalen Euro. Dazu liegt ein Gesetzentwurf der EU-Kommission vor und die EZB plant konkrete Eckpunkte. In diesen Tagen sollen die Weichen für eine Einführung – frühestens in 2025 – gestellt werden. Dabei ist aber noch völlig unklar, wie ein digitaler Euro letztendlich aussehen kann. Und es sind viele weitere Fragen offen. Die Sparkassen-Finanzgruppe fordert daher: "Ein digitaler Euro muss Menschen und Unternehmen in Europa einen Mehrwert bieten".
Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft wieder starten
Ausgabe 3/2023
Die deutsche Wirtschaft stagniert derzeit. Die Prognosen für das Gesamtjahr 2023 liegen beim deutschen BIP meist sogar leicht im negativen Bereich. Deutschland hat zwar stets Anpassungsfähigkeit und hohe Flexibilität gezeigt, fällt aber aktuell beim Wachstum im internationalen Vergleich zurück.
Konsum, Bauinvestitionen und Exporte tragen allesamt zur derzeitigen Schwäche bei. Die Energiepreise und in deren Folge auch die Austauschverhältnisse im gesamten Außenhandel haben sich inzwischen wieder von ihren belastenden Extremwerten aus dem Jahr 2022 zurückgebildet. Dennoch bleibt ein struktureller Effekt. Deutschland droht, dauerhaft Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren.
Das Bild vom „Kranken Mann Europas“ wurde zuletzt wieder häufiger auf Deutschland gemünzt. Ein Schwerpunkt dieser Ausgabe ist die Abwägung, inwieweit diese Wertung berechtigt ist. Dabei zeigt sich, dass den Schwächen auch einige Standortstärken gegenüberstehen. Tatsächliche strukturelle Sorgen sollten jedoch mit Bürokratie abbauenden und Wachstumsfreundlichkeit wiederherstellenden Reformen adressiert werden.
Nicht sinnvoll wäre dagegen ein subventionierter Industriestrompreis. Er würde mit erheblichen Verzerrungen, Fehlanreizen und Belastungen einhergehen.
Nach den großen Schocks und der kleinen Winterrezession: Woher kommt neuer Schwung?
Ausgabe 2/2023
Deutschland ist im zurückliegenden Winter nun doch in eine leichte Rezession gerutscht – jedenfalls wenn man eine solche an dem rechnerischen BIP-Ausweis festmacht. Revisionen der ersten Schätzung drückten die Entwicklung letztlich unter die Nulllinie. Weiterhin gilt allerdings, dass die Lage weit besser ist als im letzten Jahr befürchtet. Zudem bleibt der robuste Arbeitsmarkt unerschüttert und vermittelt keineswegs das Bild einer Rezession.
Allerdings ist die Frage offen, woher neuer Wachstumsschwung kurzfristig kommen soll. Die USA und China fallen aus unterschiedlichen Gründen als echte Konjunkturlokomotiven für die Weltwirtschaft aus. Die erfolgte Zinswende kommt allerorten in der Realwirtschaft an.
Die gute Nachricht ist, dass das auch für die Preisdynamik gilt. Sie beginnt zu drehen. Jedoch sind es bisher vorwiegend die stark korrigierten Energiepreise, die in den Headline-Raten für Entlastung sorgen. Die Kernraten erweisen sich bisher als deutlich zäher. Der Kampf der Geldpolitik gegen die Inflation ist deshalb noch nicht abgeschlossen. Das bedeutet Kollaterallasten für das Wachstum, ist aber für die Schaffung einer mittelfristig besseren Ausgangsbasis unabdingbar. Die Hoffnungen ruhen mittlerweile schon auf dem Jahr 2024.
Informationen zur Wirtschaftslage 2/2023
Economic Update 2/2023 (englisch)
Gebremstes Wachstum bei etwas geringerer Inflation – die strukturellen Herausforderungen bleiben bestehen
Ausgabe 1/2023
Deutschland könnte im Winterhalbjahr 2022/2023 eine leichte Schrumpfung des BIP durchlaufen haben. Die Rückgänge waren aber nicht so stark wie noch im letzten Herbst befürchtet. Die Lage am Arbeitsmarkt entspricht überhaupt nicht den üblichen Mustern einer Rezession. Dennoch hat unser Land Wohlstandseinbußen erlitten, die über das hinausgehen, was das BIP anzeigt. Auch wenn die Energie- und Rohstoffpreise sich zuletzt deutlich zurückgebildet haben, hat sich die Relation aus Export- und Importpreisen für Deutschland unter dem Strich verschlechtert. Ein solcher "Terms-of-Trade"-Schock kostet Wohlstand.
Diese Verluste zeigen sich zunehmend als Verteilungskonflikt in den Lohnverhandlungen. Die herrschende Arbeitskräfteknappheit erzeugt einen Aufwärtsdruck. Die hohen Inflationsraten und die 2022 erlittenen Reallohnverluste lassen einen Kompensationswunsch nachvollziehbar erscheinen. Zugleich sind die erwirtschafteten Verteilungsspielräume und das Produktivitätswachstum sehr begrenzt. Die Inflationsraten sinken 2023 derweil, auch aufgrund von Basiseffekten. Aber der breite Preisauftrieb in der Kernrate bleibt sehr hartnäckig. Der Handlungsbedarf für die EZB besteht auch nach dem Zinsschritt vom März weiter.
Angekündigte Rezession lässt auf sich warten
Ausgabe 4/2022
Die für das Winterhalbjahr 2022/2023 erwartete Rezession in Deutschland tritt wahrscheinlich ein. Aber sie könnte kürzer werden und flacher verlaufen als noch im Sommer gedacht. Bisher zeigt sich ein Abschwung in den Ist-Daten vorwiegend nur in der Industrie und beim Bau.
Die Stimmungsindikatoren, die im Sommer sehr stark eingebrochen waren, haben sich im Herbst ein Stück erholt. Gleiches gilt für die Aktienkurse. Die Nachrichtenlage am aktuellen Rand war zumeist eine gute, etwa in Form der inzwischen komplett gefüllten Gasspeicher im Land. Die mittelfristige wirtschaftliche Performance Deutschlands und die weiteren Aussichten bleiben gleichwohl ernüchternd. Selbst wenn die Rezession klein bleibt, wird 2023 das vierte Jahr in Folge mit einem Produktionsniveau sein, welches das Vor-Corona-Niveau kaum übersteigt. Die wesentliche Zielverfehlung bleibt derweil die sehr hohe Inflation. Sie muss als Voraussetzung für eine insgesamt wieder bessere Entwicklung mit allerhöchster Priorität zurückgeführt werden. Gefordert bleibt dabei vor allem die Geldpolitik. Weitere Zinsschritte werden nötig sein, auch wenn diese das Wachstum zunächst ein Stück belasten.
Informationen zur Wirtschaftslage 4/2022
Mehr als Stagflation ist im Moment kaum erreichbar
Ausgabe 3/2022
Abwärtsrisiken dominieren das Geschehen auf den Weltmärkten. Die Spätphase der Pandemie, Krieg, Energiemangel, Lieferengpässe, De-Globalisierung und neue geopolitische Krisen wirken unheilvoll zusammen. Derweil erklimmt die Inflation immer neue Rekordstände.
Vor diesem Hintergrund haben die Chefvolkswirte der Sparkassen-Finanzgruppe im Sommer 2022 ihre neue „Gemeinsame Prognose“ erstellt. Für das zweite Halbjahr 2022 und für 2023 sehen sie im Hauptszenario für Deutschland eine Stagnation voraus. Bei sich verschärfendem Gasmangel droht eine Rezession. Nur der Arbeitsmarkt erweist sich in dieser Krisenserie weiter als sehr robust. Der (Fach-)Kräftemangel bleibt bestehen.
Der Lohndruck erhöht weiter die Gefahr einer sich verfestigenden Inflation. Die Bürger von deren Effekten abzuschirmen, wird nur in wenigen Härtefällen möglich sein. Zu breit angelegte „Entlastungen“ drohen dagegen die Inflationsdynamik noch zu verstärken. Interventionen gegen Preissignale reduzieren immer auch die sinnvolle Sparsamkeit bei knappen Ressourcen. Das Konsumniveau „normal“ aufrecht zu erhalten, wird kaum möglich sein. Bei verschlechterten Terms of Trade wird das Land unweigerlich ärmer.
Knappheiten halten die Preise weiter auf Trab
Ausgabe 2/2022
Ein multipler Schock aus Krieg und fortdauernden Lieferengpässen hält die Welt in Atem. Die Konsequenz sind Wachstumsschwäche und Inflation. Die zusammenwirkenden Themen sind nicht neu, erweisen sich aber als hartnäckiger und schwerwiegender als gedacht.
Russlands Angriffskrieg in der Ukraine bringt neben unendlichem menschlichem Leid auch weitreichende wirtschaftliche Konsequenzen mit sich. Infrastruktur wird zerstört. Die Weizenexporte aus der fruchtbarsten Region der Welt stocken. Der Krieg verschärft weiter den ohnehin hohen Preisdruck bei vielen Gütern. Bei der Energieversorgung ist es bisher nicht zu einer Kappung der Gaslieferungen nach Deutschland gekommen. Diese Gefahr steht aber noch im Raum. Der Wechselkurs des russischen Rubels hat sich derweil in erstaunlichem Maße erholt. Das ist mit Markteingriffen, aber auch den einstweiligen Trends der asymmetrisch betroffenen Handelsströme erklärbar.
Die harten Lockdowns in China tragen ebenfalls zu den herrschenden Güterengpässen bei. Der Effekt erinnert uns daran, dass die Corona-Pandemie noch nicht vorüber ist. Angesichts der weiter beschleunigten und sich auch verbreiternden Inflation ist es für die EZB nun dringend geboten, wie andere Notenbanken auch die Zinswende zu vollziehen. Die Wachstumsaussichten für Deutschland und Europa haben sich für 2022 weiter eingetrübt. Der Post-Corona-Aufschwung vertagt sich ein weiteres Mal. Die Lage am Arbeitsmarkt und bei den Staatsfinanzen erweist sich aber als robust.
Der Kieg bremst die Erholung aus
Ausgabe 1/2022
Der Krieg in der Ukraine hat politisch und völkerrechtlich viele sicher geglaubte Positionen erschüttert. Auch die wirtschaftlichen Folgen sind sowohl kurzfristig-zyklisch als auch langfristig-strukturell erheblich und vielschichtig. Die Wachstumsdynamik trübt sich deutlich ein, und das Inflationsgeschehen nimmt zumindest temporär noch weiter zu.
Es droht ein Stagflations-Szenario. Wegen der unter Ausklammerung der Kriegswirkungen positiven Grunddynamik kommen Deutschland und erst recht der Euroraum im Gesamtjahr 2022 aber wohl um eine neuerliche Rezession herum. Die demokratischen westlichen Länder zahlen einen hohen Preis für die verhängten Sanktionen, jedoch deutlich weniger als das fast völlig isolierte Russland.
Die internationalen Wertschöpfungsketten ändern sich durch den Krieg erneut. In der Folge verstärken sich die Lieferengpässe und die Inflation. Das gilt vor allem mit Blick auf die Energieversorgung und deren Preise. Der geldpolitische Handlungsbedarf zu einer Bremsung des Preisauftriebs hat nochmals zugenommen. Alle Notenbanken agieren angesichts der unsicheren Lage und geringeren Wachstumskraft zwar vorsichtig, doch sind Zinserhöhungen jetzt sogar schneller zu erwarten.
Eingefrorene Erholung
Ausgabe 4/2021
Die Kombination von aus dem Ruder gelaufenem Pandemiegeschehen und den anhaltenden Lieferengpässen hat die Erholung in Deutschland zum Jahresende 2021 zum Stillstand gebracht. Auch der Jahresauftakt 2022 dürfte in diesem Umfeld sehr verhalten ausfallen.
Die Beschlüsse der Bund-Länder-Konferenz vom 2. Dezember 2021 setzen den Rahmen für den notwendig gewordenen Teil-Lockdown. Handel, Tourismus und weite Teile des Dienstleistungssektors sind erneut vom Pandemiegeschehen eingeschränkt.
Bis zum dritten Quartal 2021 war die Erholung gesamtwirtschaftlich noch weitgehend intakt. Das Wachstum hierzulande war aber schon im vergangenen Sommer ausschließlich vom privaten Konsum getragen. Bei Exporten und Investitionen ließ das Volumen bereits seit Mitte 2021 nach. Dass geplante Investitionen nicht verwirklicht werden konnten, bremst die Anpassung der Kapazitäten, die zum Überwinden der Engpässe nötig wären.
Diese Situation hält die Preisdynamik weiter auf hohem Niveau. Im November erreichte der deutsche Verbraucherpreisanstieg mit 5,2 Prozent, gemessen am europa-einheitlichen HVPI sogar mit 6,0 Prozent, einen neuen Höchststand. Zwar ist ab Anfang 2022 mit niedrigeren Raten zu rechnen, doch einige strukturelle Faktoren für hohe Preissteigerungen bleiben wirksam. Die Geldpolitik sollte darauf reagieren und sich flexibler für einen möglicherweise nötig werdenden Ausstieg aus ihrem sehr expansiven Kurs aufstellen.
Erholung von Engpässen gebremst
Ausgabe 3/2021
Die deutsche Wirtschaft hat sich zwischen der dritten und der vierten Pandemiewelle sichtlich erholt. Die Chancen stehen gut, dass sich die Regeneration auch im Herbst fortsetzt. Doch die Entwicklung wird angebotsseitig gebremst. Die Lieferengpässe bei Rohstoffen und Vorleistungen sowie die "Flaschenhälse" in der globalen Logistik erweisen sich als hartnäckiger und langlebiger als noch im Frühjahr gedacht.
Die Erholung wurde zuletzt hauptsächlich vom Konsum getragen. Der Verbrauch liegt aber immer noch recht deutlich unter seinem Vorkrisenniveau. Bei den Investitionen bestehen zahlreiche Planungen, jedoch können sie bisher nicht zügig verwirklicht werden. An der Nachfrage mangelt es generell nicht. Vielmehr entfernen sich die Auftragseingänge immer mehr von den Produktionsmöglichkeiten. Viele Unternehmen leiden zwar an Engpässen, die die Produktionsmengen beschränken. Doch genau dadurch verfügen sie über Preiserhöhungsspielräume. Dies zeigt sich bereits in erhöhten Preissteigerungsraten, insbesondere auf den vorgelagerten Wertschöpfungsstufen.
Einer solchen Situation ist wirtschaftspolitisch schwieriger zu begegnen als noch im letzten Jahr. Eine nachfragestützende ausgabenorientierte Politik, die 2020 hilfreich war, nützt jetzt weniger. Ähnliches gilt für die Geldpolitik. Sie muss aufpassen, den Ausstieg aus ihren Ankaufprogrammen nicht zu versäumen, zunächst aus dem speziell auf die pandemische Notlage ausgerichteten PEPP. Mehr Geld ist nicht mehr Teil der Lösung, sondern wird zunehmend zum Problem.
Aufgeschoben, doch nicht aufgehoben
Ausgabe 2/2021
Während die Infektionszahlen sinken und ein großer Teil der Bevölkerung in Deutschland geimpft ist/wird, besteht berechtigte Hoffnung, dass in diesem Sommer mit der Öffnung des Dienstleistungssektors der langersehnte Aufschwung kommt. Der Jahresauftakt war mit einem BIP-Rückgang von -1,8 Prozent im ersten Quartal noch einmal recht verhagelt. Das zweite Quartal dürfte ebenfalls noch unter den weitreichenden Schließungen gelitten haben. Die Erholung ist ein Stück weit aufgeschoben, doch nicht aufgehoben.
Schon während des Lockdowns zeigte sich die Industrie sehr robust. Sie konnte weitgehend ungestört durchproduzieren. An Nachfrage mangelt es in vielen Bereichen nicht. Im Gegenteil: Es zeigen sich angebotsseitig immer mehr Engpässe bei Rohstoffen, Vorprodukten oder Transportkapazitäten. Die Weltwirtschaft ist bereits überraschend stark angesprungen. Der Export zieht deshalb die deutsche Wirtschaft wieder in eine Erholung. Nach China ist inzwischen insbesondere in den USA die wirtschaftliche Dynamik sehr stark. Darauf zahlen die dortigen zusätzlichen wirtschaftspolitischen Stimulanzen weiter ein. Es könnte zu einer Überhitzung kommen.
In Deutschland und Europa wird es im zweiten Halbjahr ebenfalls zu höheren Preissteigerungsraten kommen. Diese sind aber zunächst mit technischen Faktoren erklärbar. Es gibt noch keinen Grund für Alarmismus an der Inflationsfront. Erhöhte Wachsamkeit ist aber geboten.
Durchstarten und Neustarten
Ausgabe 1/2021
Die Situation der Unternehmenssektoren ist über den aktuellen Lockdown von Dezember bis Anfang März weitgehend unverändert geblieben: Der Dienstleistungsbereich ist in vielen Teilen von direkten Schließungen betroffen, während die Industrie größtenteils ungebremst durchproduzieren kann. Mit rückläufigen Infektionszahlen bestünde die Hoffnung auf ein wieder breiteres und gleichmäßigeres Anlaufen der deutschen Wirtschaft. Leider ist die Inzidenz zuletzt in eine Seitwärtsbewegung eingeschwenkt.
Aus der Perspektive der BIP-Untergliederung sind privater Konsum und Ausrüstungsinvestitionen weiter gedrückt. Bei den Exporten gibt es punktuelle Erholungen. Das Aufholpotenzial wächst aber auch beim Konsum weiter an.
Sehr auffällig waren in Deutschland im Jahr 2020 die Vorratssalden. Es kam zu erheblichen Reduzierungen der Lagerbestände, was sehr stark in die Entwicklung des BIP durchschlug. Für das Leerlaufen der Lager lassen sich diverse Interpretationen anführen.
Das Geldmengenwachstum im Euroraum beschleunigt sich weiter. Die Preisentwicklung hat ins Positive gedreht, was einstweilen von Sonderentwicklungen überzeichnet ist. Das Thema Inflation ist mittelfristig aber wieder ins Auge zu fassen, zumal sich die Geldpolitik instrumentell sehr lange expansiv festgelegt hat.
Europäische Wirtschaft in der Pandemie-Achterbahn
Ausgabe 4/2020
Die deutsche Wirtschaft befindet sich während der zweiten Pandemiewelle im Teil-Lockdown. Dieser fällt differenzierter aus als der erste im Frühjahr. Dennoch sind in vielen Sektoren Einbußen zu befürchten. Die Situation ist aber weiterhin deutlich günstiger als in vielen unserer europäischen Partnerländer.
Die Schätzungen darüber, wie groß die Spuren im BIP des vierten Quartals sein werden, weisen derzeit noch eine sehr große Spanne auf. Für die Gesamtjahresrate hat das vierte Quartal aber nur noch eine vergleichweise geringe Bedeutung. Die Schrumpfungsrate für das Gesamtjahr 2020 dürfte wahrscheinlich eine Fünf vor dem Komma aufweisen.
Einen rechnerisch größeren Effekt hat der derzeitige Lockdown für die Wachstumsrate 2021. Der statistische Überhang wird dadurch verdorben. 2021 wird noch sehr verhalten starten. Danach, so die Hoffnung, nicht zuletzt aufgrund der Fortschritte bei der Entwicklung von Impfstoffen, könnte sich die Erholung stark beschleunigen.
Die Wirtschaftspolitik muss in der aktuellen Lage auf Sicht fahren. Die EZB hat für den Dezember eine „Rekalibrierung“ aller ihrer Instrumente angekündigt. Nach unserem Verständnis muss dazu auch eine Anpassung des Staffelzins-Multiplikators gehören.